Zierenberg – Wenn Sofia Ledderhose auf das ablaufende Jahr zurückblickt, denkt sie vor allem daran, wie sich durch Corona ihr Leben verändert hat. „Es ist alles anders“, sagt die 14-Jährige, die eigentlich ihre Konfirmation feiern und kurz drauf zur langersehnten Reise nach England aufbrechen wollte. Der größte Einschnitt jedoch sei während der ersten Viruswelle das Verbot gewesen, zur Schule zu gehen. „Echt krass, ich hätte nie gedacht, dass ich mich jemals über freie Tage beklagen und die Schule vermissen würde“, sagt die Schülerin der Zierenberger Elisabeth-Selbert-Schule (ESS) und hat das genau so auch in ihrem Beitrag für den 19. Nordhessischen Literaturpreis geschrieben. Der „Holzhäuser Heckethaler“ will deutsch schreibende literarische Talente aufspüren und fördern, unterstützt von der Stadt Immenhausen, mehreren Sponsoren und neun Juroren, die Sofia in diesem Jahr auf den zweiten Platz in der Kategorie 14 bis 29 Jahre gewählt haben. Und das hat die Fürstenwalderin irgendwie auch Corona und dem lästigen Homeschooling zu verdanken, ohne diesen Ausnahmezustand nämlich hätte sie wohl vom Wettbewerb nicht einmal etwas erfahren. „Meine Mutter checkte regelmäßig das Schulportal und die Homepage der Schule, um mich mit Aufgaben zu stressen, wie auch mit dem Link zu diesem Schreibwettbewerb“, lässt Sofia die Leser ihres preisgekrönten Textes mit dem Titel „Elisabeth“ wissen. „Dabei hatte ich eigentlich keinen Bock drauf, zumal ich ja nicht so antik bin wie meine Eltern und schon zig Jubiläen gefeiert habe, über die ich schreiben kann.“
„Jubiläum“ war das vorgegebene Thema, über das Sofia zu Elisabeth Selbert kam, der Namensgeberin ihrer Schule. „Meine Mutter nervte mich und fragte ständig nach, welches Jubiläum denn letztes Jahr an der Schule gefeiert worden wäre, das müsste ich ja schließlich noch wissen“, berichtet das junge Schreibtalent. „Nee, wusste ich nicht mehr.“ Also habe sie ihre Gedanken um ein ganzes Jahr zurückgespult, als es in einer Gruppenarbeit darum ging, etwas über das Leben von Elisabeth Selbert herausfinden und ein Plakat zu machen. Der Bezug zum Wettbewerbsthema war da schnell gefunden. „Meine Schule feierte 2019 den 70. Jahrestag des Gleichberechtigungsgrundsatzes von Elisabeth Selbert im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland“, sagt Sofia, die zumindest anfangs noch lieber über Sängerin Billie Eilish geschrieben hätte. „Die ist wirklich cool, aber Elisabeth Selbert?“ Herausgefunden hat sie dann aber doch eine ganze Menge, nichts jedoch, was sie selbst sprachlich angesprochen hätte. Also stellte sie die Politikerin und Juristin, die als eine der Mütter des Grundgesetzes gilt, kurzerhand in der für sie typischen Jugendsprache vor. Das hat am Ende nicht nur der Jury gefallen, die die Arbeit mit dem zweiten Platz und 300 Euro würdigte, sondern auch Sofia selbst, die in ihrer erfrischenden Art und Weise auf den Punkt bringt, was man so bislang in noch keinem Text über Selbert gelesen hat: „Echt cool, die Emanze Elisabeth.“
(Artikel und Foto von Sascha Hoffmann, Dezember2020)
BU: Freuen sich gemeinsam über den Erfolg beim Nordhessischen Literaturpreis: Sofia Ledderhose und Schulleiter Lars Grenzemann vor einem Bild der „coolen Emanze“ Elisabeth Selbert.