Von Sascha Hoffmann
Zierenberg – Außergewöhnlich früh beginnt der letzte Tag des ersten Halbjahres an der Zierenberger Elisabeth-Selbert-Schule. Es ist gerade einmal kurz nach sechs, als es gestern am Fenster von Schulleiter Lars Grenzemann klopft und die erste Mutter erwartungsvoll ins hell erleuchtete Büro blickt. Sie ist auf dem Weg zur Arbeit schnell vorbei gekommen, um das Halbjahreszeugnis ihres Kindes abzuholen. „Wie elf weitere Familien hatte sie ihren Besuch im Vorfeld angekündigt“, berichtet Grenzemann, während er auch schon im nächsten Gespräch ist, diesmal mit einer landesweit sendenden Radiostation. Was an der Gesamtschule des Warmestädtchens gerade abläuft, ist schließlich nichts Alltägliches, und das hat – wie schon viele andere ESS-Aktionen seit Beginn der Corona-Pandemie – das öffentliche Interesse geweckt. Während die meisten anderen Schulen mit der Ausgabe ihrer Zeugnisse auf den Wiederbeginn des Präsenzunterrichtes warten, haben sich Grenzemann und Kollegen mit ihrem Zeugnis-Drive-In bewusst für einen anderen Weg entschieden, um „einen Schlussstrich unter das erste Halbjahr zu setzen und ein Signal zu geben, dass es weitergeht“.
Das Signal scheint zu wirken, ab Punkt acht Uhr nämlich ist rund um die Gesamtschule so viel Leben, wie seit vielen Wochen nicht. Im Minutentakt fahren Autos nach ausgeklügeltem Zeitplan vor, werden von Schülern in orange-farbenen Warnwesten eingewiesen. „Einmal rund ums Gebäude fahren, die entsprechenden Klassen sind ausgeschildert“, hört man es immer wieder durchs Morgengrauen schallen. Wie in Drive-In-Restaurants reihen sich die Fahrzeuge vor den entsprechenden Fenstern ein, wo die Klassenlehrer schon auf sie warten. Bestellungen müssen keine aufgegeben werden, was serviert wird, ist allen klar: die Noten des ersten Halbjahres. Und obwohl da Lernen im Ausnahmezustand angesagt war, können sich die Ergebnisse sehen lassen. „Ich bin mehr als zufrieden“, freut sich Schulleiter Grenzemann und zeigt stolz eine Notenliste, die er fertiggestellt hat, nachdem er sich alle knapp 400 Zeugnisse persönlich angeschaut und unterschieben hat. „33 Mädchen und 31 Jungen haben einen Schnitt von zwei und besser, verglichen mit dem ersten Halbjahr 2020 ist das eine deutliche Steigerung.“ Er wird nicht müde, eben das immer und immer wieder auch seinen Schülern zu sagen. Das persönliche Gespräch, so der Schulleiter, sei ihm und seinen Kollegen ungemein wichtig, gerade nach Wochen des Distanzunterrichts.
So geht es ganz offensichtlich auch den Schülern, die ab 8 Uhr rund um die Schule mit ihren Zeugnismappen anzutreffen sind, voller Freude, ihre Lehrer einmal wiedergesehen zu haben. Ob ein „toll gemacht“ für die guten Zensuren oder ein „da musst du noch eine Schippe drauflegen“ – die Botschaften kommen an, wie auch die Idee des Drive-In. „Ich finde es super, was sich unsere Lehrer haben einfallen lassen“, schwärmt etwa Arne Gers als einer der ersten an den Drive-In-Fenstern der Klassenlehrer, die so eine außergewöhnliche Zeugnisübergabe zum Ende eines außergewöhnlichen Schulhalbjahres möglich gemacht haben.
(HNA Artikel vom 30.01.2021)
Zeugnis durchs Fenster: der Oberelsunger Nico Kitta (von links) mit Klassenlehrer Björn Zimmermann und Schulleiter Lars Grenzemann.
Zeugnisübergabe in Coronazeiten: Franka Gers bekommt nicht nur ihr Zeugnis, sondern auch ein paar persönliche Worte von Klassenkehrer Björn Zimmermann serviert.